Jedes Unternehmen ist von Entscheidern getragen. Sie formen das Unternehmen mit Ihren Werten und Ihrer Einstellung. Sind diese von Wertschätzung, Gleichwertigkeit und Anerkennung geprägt, trägt es zu einer positiven und leistungsorientierten Unternehmenskultur bei. In diesem Unternehmen arbeiten die Mitarbeiter gerne, weil sie sich beachtet und geschätzt fühlen. Doch ein Blick in unsere Unternehmenslandschaft zeigt, die Realität sieht anders aus. Jeder von uns kennt Geschichten mit Kollegen oder gar Chefs, die aus Eifersucht einen um jeden Preis am Fortkommen hindern wollen, oder aus fehlendem Selbstwertgefühl heraus andere immer wieder herabsetzten müssen.
Wie kommt es zu solchen Besetzungen?
Wenn man mit Betroffenen spricht, ist dies die meist genannte Frage. Und sie ist nicht einfach zu beantworten, denn die Gründe dafür können vielfältig sein.
Am häufigsten findet man sogenannte Fachexperten auf Führungspositionen. Sie sind die absoluten Profis in ihrem Fachgebiet, was den Grund für die Beförderung liefert. Leider wird dabei oft nicht auf die sozialen Fähigkeiten geachtet. Denn nur sehr selten haben die Fachexperten auch eine Führungsfähigkeit, emotionale Intelligenz. Viele sind Fachexperten geworden, weil sie mit den zwischenmenschlichen Themen nichts oder möglichst nichts zu tun haben wollen. Schade, wenn dann genau diese Menschen Führungspositionen angeboten werden, die sie oft aus besseren Verdienst-, vor allem noch häufiger aus Prestigemöglichkeiten annehmen.
Ein weiterer häufiger Grund für derartige Besetzungen sind gute Selbstdarsteller. Sie sind in der Lage ihr Gegenüber von Können und Fähigkeiten zu überzeugen, die sie nicht wirklich haben. Manche davon sind so darin perfektioniert, dass sie einschätzen können, was das Gegenüber von ihnen hören möchte, um zu gefallen, auch wenn man den meisten dieser Selbstdarsteller zugestehen muss, dass sie es nicht bewusst tun.
Auch findet man in den Führungsebenen oft Menschen, die nur deswegen befördert wurden, weil es niemand anderen für diesen Job gab. Hier liegt die Trefferquote für gute Führungskräfte ungefähr bei 50%.
Nicht umsonst gibt es unzählig viele Seminare in denen man „Führung lernen“ kann. Doch auch wenn das Werkzeug einer guten Führungskraft gelernt wurde, gibt es keine Garantie darauf, dass es auch angewandt wird. Es braucht eine entsprechende innere Einstellung.
Die andere Seite der Führungsarbeit
Für viele ist die Führungsrolle noch immer mit Erfolg verbunden. Sie/Er ist Abteilungsleiter oder Leiter einer Businesseinheit oder gar Geschäftsführer – oh, der hat es geschafft. Doch dieses Bild könnte der Realität nicht ferner sein. Es braucht auf diesen Positionen Persönlichkeiten, die bereit sind, sich unangenehmen menschlichen Themen zu stellen, die konfliktfähig und lösungsorientiert sind, die bereit sind Verantwortung für sich und andere zu übernehmen und dabei ihre Wertschätzung für das Gegenüber nicht zu verlieren – aber auch nicht zu übertreiben. Sie müssen Druck aushalten können, Visionen erschaffen und gleichzeitig wirtschaftlich bzw. unternehmerisch denken können. Kurz gesagt es braucht einen mutigen Menschenfreund.
Doch wenn wir nun ehrlich in uns hinein hören – wer von uns ist das? Wir alle haben unsere Fehler und Schwächen. Aber nicht diese sind das Problem, sie zu kennen und damit umzugehen ist die Herausforderung. Wer seine eigenen Schattenseiten meistert, ist meist auch geeignet andere anzuführen.
Welche Lösungen gibt es?
Das größte Problem ist, dass schlechte Chefs immer verhindern werden, dass gute Führungskräfte aufsteigen. Die beste Bezeichnung, die ich dafür bisher gehört habe, ist Flaschenzüge. Sie beschreibt mit süffisantem Witz die unangenehme Wahrheit. Kein Chef, der nicht selbst über emotionale Intelligenz verfügt, wird gute Führungskräfte zur Geltung kommen lassen. Er wird andere nachziehen, die ihm nicht gefährlich werden können.
Wenn Sie das Glück haben, selbst eine gute Führungskraft zu sein und die Problematischen nur in unteren Ebenen zu finden sind, dann können Sie viel tun: Zu aller erst sollte letzteren immer die Chance gegeben werden, sich entsprechend fortzubilden. Auch können Sie manchmal durch gute Vorbildfunktion und klare Leitlinien Hilfestellungen geben. Doch in letzter Konsequenz sollten auch Versetzungen oder Ersetzungen kein Tabuthema sein. In jedem Fall aber sollten sie darauf achten, bei der Auswahl der Bewerber künftig soziale Fähigkeiten mit abzuprüfen.
Und als betroffener Mitarbeiter? Gerade hier hilft es einzig konsequent zu sein. Sie können versuchen durch direkte Gespräche mit Ihrem Chef oder Gespräche mit dessen Vorgesetzten über die auftretenden Probleme zu sprechen. Doch wenn Sie nichts verändern können, dann sollten Sie darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist für ein Unternehmen zu arbeiten, dem es nichts wert ist, für gute Mitarbeiter auch Veränderungen vorzunehmen.
Und genau dieser ehrliche Rat zeigt den Schaden, den ein Unternehmen nimmt, wenn Führungskräfte versagen. Wenn gute Mitarbeiter gehen und schlechte Führungskräfte ihre eigenen Schwächen verdecken, dann kann ein Unternehmen nicht erfolgreich wirtschaften. Es wird über kurz oder lang aufhören zu existieren. Und in diesem Kampf befinden sich leider viele unserer Unternehmen. Einige auch, ohne sich dessen bewusst zu sein.